Die ANO-Bewegung liegt derzeit in allen Umfragen vor den tschechischen Parlamentswahlen vorn. Es bleibt jedoch fraglich, wer mit Andrej Babiš in die Regierung eintreten wird, wenn seine Bewegung diese bildet, warnt Oxford Economics. Und genau davon wird laut den Analysten des Unternehmens die Entwicklung der tschechischen Wirtschaft in den nächsten vier Jahren abhängen.
Oxford Economics geht in seiner aktuellen Analyse davon aus, dass die ANO-Bewegung eine Koalition mit einer der Mitte-Rechts-Parteien der bisherigen Regierung bilden wird. Dies wäre das günstigste Szenario für die Märkte, da es die von der ANO geplante Lockerung der Haushaltspolitik bremsen würde.
Sein Programm sieht nämlich eine Lockerung der öffentlichen Finanzen um rund 95 Milliarden tschechische Kronen (3,7 Milliarden Euro) vor, was 1,2 Prozent des BIP entspricht. Ein solcher Impuls würde zwar kurzfristig das Wirtschaftswachstum ankurbeln, jedoch hauptsächlich durch laufende Ausgaben und Steuererleichterungen. Das braucht die tschechische Wirtschaft derzeit nicht, da das BIP in diesem Jahr bereits mit einer Rate wachsen wird, die im oberen Drittel der EU-Länder liegt. Mögliche Koalitionspartner sollten daher die Haushaltslockerung zumindest teilweise eindämmen.
Die Analyse berücksichtigt jedoch auch andere Szenarien.
Die negative Variante geht davon aus, dass Babiš' Bewegung eine Regierungsmehrheit mit „Randparteien” (der Bewegung Stačilo, der SPD und möglicherweise den Motoristen) bilden wird. Dies würde laut Oxford Economics eine negative Reaktion der Märkte hervorrufen: Befürchtungen hinsichtlich Verschwendung, höherer Inflation und einer Schwächung der institutionellen Qualität.
Das Ergebnis wäre, dass das BIP bis zum Ende der Legislaturperiode um 1,5 Prozent niedriger wäre, die Schuldenquote um drei Prozentpunkte steigen würde und die Rendite zehnjähriger Anleihen auf bis zu 5,2 Prozent steigen würde. Die Kosten für den Schuldendienst würden auf 180 Milliarden tschechische Kronen (7,4 Milliarden Euro) steigen, und bis 2029 würde sich die Verschuldung der Grenze von 47 Prozent des BIP nähern. Darüber hinaus würde dieser Kurs dazu führen, dass die Schuldenbremse bereits um das Jahr 2034 überschritten würde.
Ein positiver Szenario, das von Analysten als unwahrscheinlich eingeschätzt wird, würde eintreten, wenn ANO mit seinen Mitte-Rechts-Partnern Teilreformen durchsetzen, das Steuersystem umgestalten, das Arbeitsangebot und die Infrastrukturinvestitionen erhöhen würde – konkret um 120 Milliarden Kronen (4,9 Milliarden Euro) über das Grundniveau hinaus. Dann würde das BIP bis 2029 um ein halbes Prozent über das Basisszenario steigen, die Investitionen würden um 2 Prozent höher ausfallen und rund 50.000 Menschen würden neu auf den Arbeitsmarkt kommen. Diese Faktoren würden das Potenzial der Wirtschaft stärken und das Preisniveau um 0,3 Prozent senken.
Unabhängig von der Zusammensetzung der Regierung wird das neue tschechische Kabinett die Wirtschaft in einem relativ guten Zustand übernehmen. Die Inflation ist wieder auf das 2-Prozent-Ziel zurückgekehrt, die Löhne steigen solide und die Kaufkraft der Haushalte hat bereits das Niveau vor der Pandemie überschritten. Die Zinssätze sind seit ihrem Höchststand im Jahr 2023 deutlich gesunken, die Arbeitslosigkeit ist eine der niedrigsten in der EU, und die fiskalische Konsolidierung der aktuellen Regierung – wenn auch unvollkommen – hat zusammen mit der Rentenreform die öffentlichen Finanzen auf einen nachhaltigeren Kurs gebracht.
Dieses Bild mag jedoch nicht ganz objektiv erscheinen. Denn kurzfristig drohen der tschechischen Wirtschaft US-Zölle, eine schwache Auslandsnachfrage und ein anhaltender Rückgang der Investitionen. Der Konsum der privaten Haushalte könnte sich allmählich abschwächen, da sich der Arbeitsmarkt entspannt. Mittelfristig bleiben die öffentlichen Finanzen und das sinkende Wachstumspotenzial die größten Herausforderungen.
Oxford Economics warnt daher: Das größte Risiko ist nicht so sehr die konkrete Regierungskoalition, sondern die Verschwendung von Zeit. Das derzeit günstige makroökonomische Umfeld bietet die Chance für Reformen des Arbeitsmarktes, des Energiesektors, des Gesundheitswesens und des Steuersystems. Wenn die neue Regierung diesen Spielraum nicht nutzt, wird sich das Wachstumspotenzial der tschechischen Wirtschaft laut Analysten weiter verringern.

Der Text wurde ursprünglich auf der Website lukaskovanda.cz veröffentlicht.