Die dänische Ratspräsidentschaft der EU will den umstrittenen Plan für verpflichtende Überwachungsanordnungen zur Aufdeckung von Darstellungen sexuellen Missbrauchs von Kindern im Internet (CSAM) nicht weiterverfolgen. Das bestätigte Justizminister Peter Hummelgaard am Donnerstag gegenüber der Presse.
Zu Beginn ihrer Amtszeit hatte Dänemark die Debatte um das sogenannte „Chat Control“-Gesetz wiederbelebt. Demnach hätten Onlineplattformen und Messenger-Dienste – auch jene mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung – verpflichtet werden können, Chats automatisiert auf Missbrauchsmaterial zu durchsuchen.
Mehrere Mitgliedstaaten lehnten diesen Eingriff in die Privatsphäre entschieden ab.
Nach anhaltender Blockade im Rat kündigte Hummelgaard nun an, dass die Präsidentschaft stattdessen auf ein freiwilliges System setzen wolle. Ein entsprechendes Diskussionspapier wurde am Donnerstag an die EU-Delegationen verschickt, um die Positionen der Mitgliedstaaten zu sondieren und einen Kompromiss zu ermöglichen.
Dänemark warnt zugleich, dass ohne Einigung selbst die derzeit erlaubte freiwillige Erkennung von Missbrauchsmaterial ab April 2026 auslaufen könnte. Damit würde auch der bestehende rechtliche Rahmen enden, der Plattformen die freiwillige Kooperation gestattet.
Der Gesetzesvorschlag der EU-Kommission ist seit Jahren hochumstritten. Kritiker sehen in der Pflichtüberwachung einen Verstoß gegen Datenschutz und Kommunikationsgeheimnis und warnen vor einer „Massenüberwachung“ europäischer Bürger. Befürworter argumentieren dagegen, dass ohne technische Erkennungstools viele Fälle von Kindesmissbrauch unentdeckt blieben.
Sollte die dänische Präsidentschaft einen tragfähigen Kompromiss ohne verpflichtende Scan-Anordnungen finden, könnte der Entwurf nach Jahren der Blockade erstmals in die Trilog-Verhandlungen mit dem EU-Parlament gehen.
(est)