Im Mai hat CDU-Chef Friedrich Merz ganz offen ausgesprochen, worauf es hinausläuft: Deutschland werde die Bundeswehr zur „stärksten konventionellen Armee Europas“ ausbauen und ihr „alle finanziellen Mittel geben, die sie braucht“. Nun zeigt ein bislang unveröffentlichter Plan, wie ernst das gemeint ist.

Laut internen Regierungsunterlagen, die dem Magazin Politico vorliegen, will Berlin rund 377 Milliarden Euro in neue Waffen-, Überwachungs- und Kommunikationssysteme investieren. Das 39-seitige Dokument listet Beschaffungen für Land-, Luft-, See-, Raum- und Cyberkräfte – viele davon ohne festen Zeitrahmen. Es dient als Planungsgrundlage für den Verteidigungshaushalt ab 2026, doch viele Projekte reichen weit darüber hinaus.

Rheinmetall als größter Profiteur

Insgesamt will die Bundeswehr etwa 320 neue Waffen- und Ausrüstungsprogramme starten. Bei 178 Projekten ist bereits ein Auftragnehmer benannt, der Rest gilt als „noch offen“. Deutsche Unternehmen dominieren den Großteil der Vorhaben: Etwa 160 Projekte im Wert von rund 182 Milliarden Euro sind an heimische Firmen gebunden.

Größter Gewinner ist der Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall, der in 53 Planungslinien mit einem Gesamtvolumen von über 88 Milliarden Euro vorkommt. Etwa 32 Milliarden entfallen direkt auf das Unternehmen, weitere 56 Milliarden auf Joint Ventures wie das Schützenpanzer-Programm „Puma“ oder den Transportpanzer „Boxer“.

Zweiter großer Akteur ist Diehl Defence mit 21 Projekten im Wert von 17,3 Milliarden Euro. Besonders im Bereich Luftabwehr wird Diehl zur zentralen Säule: Das System IRIS-T soll künftig das Rückgrat der deutschen Luftverteidigung bilden – mit geplanten 14 vollständigen Systemen, hunderten Raketen und einem Volumen von über vier Milliarden Euro.

Neben klassischen Waffensystemen nimmt die Bundesregierung auch unbemannte Technik ins Visier. Vorgesehen sind rund 1,6 Milliarden Euro für neue LUNA-NG-Drohnen, etwa 100 Millionen für Munition des israelischen Modells Heron TP sowie 675 Millionen für maritime Drohnensysteme der Marine.

Bundeswehr-Planung 2026–2035: Geplante Beschaffungen nach Bereichen. Statement.

Im All plant das Verteidigungsministerium ein Satellitenprogramm im Wert von über 14 Milliarden Euro, darunter eine neue Kommunikationskonstellation im niedrigen Erdorbit für 9,5 Milliarden Euro. Damit will Verteidigungsminister Boris Pistorius Deutschlands „Raumsicherheitsstrategie“ vorantreiben.

Rund 25 Projekte mit einem Gesamtwert von etwa 14 Milliarden Euro entfallen auf ausländische Anbieter – weniger als fünf Prozent der Summe, aber entscheidend für Deutschlands nukleare und strategische Fähigkeiten. Dazu zählen der mögliche Zukauf von 15 F-35-Jets (2,5 Milliarden Euro), 400 Tomahawk-Marschflugkörper (1,15 Milliarden Euro) und drei Typhon-Startsysteme (220 Millionen Euro) von Lockheed Martin. Auch der Kauf von vier Boeing P-8A Poseidon-Aufklärungsflugzeugen für 1,8 Milliarden Euro ist enthalten. Diese Programme binden Deutschland weiterhin eng an US-Technologie und Exportkontrolle.

Kritik: Viele Projekte ohne Kontrolle

Mit dem Mega-Plan reagiert Berlin auf die sicherheitspolitische Zeitenwende und hat zugleich einen Weg gefunden, die Ausgaben außerhalb der Schuldenbremse zu finanzieren. Die Verteidigung wird damit zum eigenen Haushaltsposten – losgelöst vom regulären Defizitrahmen.

Während das 100-Milliarden-Sondervermögen von Olaf Scholz weitgehend aufgebraucht ist, entsteht nun eine langfristige, strukturelle Aufrüstung, die tief in die deutsche Industrie hineinwirkt.

Kritiker warnen jedoch, dass viele Projekte bislang ohne klare Termine, Leistungsziele oder parlamentarische Kontrolle bleiben. Ob die gewaltige Investition tatsächlich zu einer kampffähigen und modernen Truppe führt, sei offen – ebenso, ob Europa von einer so dominanten Bundeswehr langfristig profitiert.